Tagebuch eines Lokführers
«Die Rigi Bahnen sind ein fahrendes Museum,» schwärmt Eric Gauthier. Schon als Kind begann die Faszination des gebürtigen Franzosen für die erste Zahnradbahn Europas und diese Liebe kam nicht von ungefähr: Die Rigi Bahnen lagen Eric sozusagen im Blut.
«Mein Grossvater stammte aus Vitznau, dem Ausgangspunkt der damaligen Vitznau-Rigi-Bahn. Ich verbrachte meine Ferien am Fusse der Rigi und träumte davon, eines Tages für die Bahnen arbeiten zu dürfen», erinnert sich der 36-Jährige. Auf Pariser Flohmärkten entdeckte er immer wieder Rigi-Memorabilien, wie zum Beispiel alte Postkarten, die er mit grosser Leidenschaft sammelte. «Ich finde es faszinierend, dass die Rigi schon vor 140 Jahren in aller Welt bekannt war und es noch heute ist», erzählt er und verkündet nicht ohne Stolz: «Ich habe sogar Fundstücke aus Australien!» Eines Tages, so scherzt er, könne er mit seinen Schätzen im Estrich wohl ein Museum eröffnen.
Wiege des Schweizer Tourismus Die Erfolgsgeschichte der Königin der Berge ist eng mit der Geschichte ihrer Bahnen verbunden. Schon seit dem 17. Jahrhundert als Pilgerort bekannt, war die Rigi vor 200 Jahren der beliebteste Ausflugsberg Europas. Die Besucher marschierten zu Fuss zur Kaltbad-Quelle und der Wallfahrtskapelle «Maria zum Schnee» oder liessen sich von Pferden oder in Sänften hinauftragen. Die Pilgerzahl wuchs stetig und immer brennender wurde die Frage, wie man Gruppen auf den Berg transportieren könne.
In den 1850er Jahren präsentierte der Architekt Friedrich Albrecht eine abenteuerliche Idee: Gondeln, die auf Schienen von Heliumballons in die Höhe gezogen wurden. Es funktionierte allerdings nur auf Papier! Auf der Rigi blieb man pragmatisch und behalf sich indessen mit einem riesigen Trägerdienst, der 1000 Pferde und zahlreiche Tragsesselträger umfasste.
1871 dann die Sensation: Der Ingenieur und Visionär Niklaus Riggenbach realisierte die erste Zahnradbahn Europas von Vitznau nach Rigi Staffelhöhe. Die Begeisterung und der Ansturm waren so gross, dass man vier Jahre später eine separate Linie ab ArthGoldau errichtete. Reisende, darunter Maler und Schriftsteller, strömten in Massen auf den Berg. So entfachten die Bahnen ein Fieber, das bis heute währt.
Aus Leidenschaft Bähnler «Es ist eine Geschichte, die lebt und die selbst erlebt werden kann», so erklärt sich Eric die ungebrochene Faszination, die auch ihn nie losgelassen hat. «Die Rigi Bahnen sind mein Alles», gesteht er. Mit 19 Jahren packte der Franzose seine Sachen, wanderte nach Vitznau aus und schaffte es tatsächlich, Lokführer bei der Rigi Bahnen AG zu werden. Bis heute kann er sein Glück kaum fassen!
«Ich bin überall mit dabei; kann gar nicht genug bekommen», lacht er. Nach seiner Ausbildung zum Lokführer in allen Fahrzeugkategorien erlernte er auch das Handwerk des Heizers bei der Dampfbahn und ist seit zehn Jahren zudem ausgebildeter ZahnradbahnFahrlehrer. Sogar bei der Schneeräumung ist er mit von der Partie und springt immer gerne ein, wenn ein Kollege im letzten Moment ausfällt. «Ich liebe die Abwechslung, die Menschen, die grandiose Aussicht und natürlich die Maschinen selbst», erzählt er. Ein besonderes Highlight für Eric sind Fahrten mit dem historischen Rollmaterial, darunter stolze Zahnradbahn-Fahrzeuge aus der Anfangszeit. Dazu gehören auch zwei, noch mit Kohle befeuerte, Dampflokomotiven. «Es gibt sogar ein Fahrzeug aus dem Jahre 1937, das bereits eine Million Kilometer auf dem Buckel hat hat», schwärmt Eric. «Es ist eine Ehre, es auf der Originalstrecke von Zahnstangen-Pionier Niklaus Riggenbach zu fahren!»
Eric ist mit seiner Begeisterung nicht alleine. Um die historischen Lokomotiven und Wagen zu erhalten und ihre Betriebsfähigkeit weiterhin zu garantieren, wurde die Stiftung «Rigi Historic» gegründet. Sie sorgt für die nötigen finanziellen Mittel, um die liebevolle und fachmännisch Restauration und Pflege der Fahrzeuge zu gewährleisten. Die dadurch möglichen nostalgischen Dampffahrten sind nicht nur für die Lokführer, sondern auch für die Gäste ein ganz besonderes Erlebnis: Fauchend und stampfend steigt das stolze, beinahe hundertjährige Dampfross die Rigi hoch und lässt Herzen höher schlagen. Nach einer stimmungsvollen Dampffahrt haben die Rigi Bahnen auch uns in ihren Bann gezogen!
Text: Carina Scheuringer
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